Zahlen, Daten und Fakten zu den Start-ups 2021
Die Start-up-Gründer lassen sich von Corona nicht unterkriegen. Eine Umfrage unter den neuen Top 50-Start-ups zeigt einige neue Trends, aber auch altbekannte Probleme auf.
Die acht wichtigsten Fakten
- Das Ländle zeigt's den Münchnern und Berlinern
- Health & Life Science ganz vorn
- Frauen holen auf – aber nur ganz langsam
- Immer weniger Start-ups mit B2C-Modell
- Große Unterschiede bei der Beschäftigung
- 72 Prozent streben neue Finanzierungsrunde an
- Auslandsexpansion ganz oben auf der Agenda
- Trotz Abklingen von Corona sinkt die Stimmung
1. Das Ländle zeigt's den Münchnern und Berlinern
Die traditionell starke Konzentration der Start-ups auf die Metropolen Berlin und München schwächt sich zusehends ab. Während im vergangenen Jahr noch sieben Top 50 Start-ups aus der Hauptstadt und sechs weitere aus der Bajuwarenmetropole stammten, sind es im neuen Jahrgang 2021 gerade einmal fünf und drei.
Dies hat auch Auswirkungen auf das Länderranking. Tatsächlich stammten allein neun der Top 50 Start-ups 2021 aus Baden-Württemberg, wobei hier nur eine geringe Konzentration auf die Standorte Karlsruhe mit drei und Tübingen mit zwei Start-ups zu erkennen ist. Damit liegt Baden-Württemberg in der Geschichte des Top 50 Start-ups zum ersten Mal auf dem Spitzenplatz.
Diesen muss es sich freilich mit Nordrhein-Westfalen mit ebenfalls neun Top 50 Start-ups teilen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland kommen allein vier Start-ups aus Aachen und drei weitere aus Bochum. Dagegen schneiden die Metropolen in Köln und Düsseldorf abermals bescheiden ab. Mit Dermanostic kommt 2021 wenigstens ein Start-up aus der Landeshauptstadt.
Auf dem zweiten Platz folgt mit acht Start-ups Bayern. Anders als in den Vorjahren stammt die Mehrzahl jedoch aus der Region und nicht aus München.
Jeweils fünf Top 50 Start-ups kamen 2021 aus Berlin und Niedersachsen. Während dies für Niedersachsen ein veritabler Erfolg ist – im Vorjahr waren es lediglich zwei gewesen –, stellt dies für Berlin ein kleines Desaster dar. Schließlich hatte die Hauptstadt im Jahrgang 2020 noch sieben Top 50 Start-ups vorzuweisen. Dennoch stammen aus keiner anderen deutschen Stadt mehr Top 50 Start-ups als aus Berlin.
Enttäuschung dürfte auch in Hamburg herrschen. Während die zweitgrößte deutsche Stadt 2020 noch drei Top 50 Start-ups beherbergte, schaffte es 2021 nur noch ein einziges Start-up aus der Hansestadt in die Top 50 Start-ups. Allerdings sollten die Hanseaten die Köpfe nicht allzu tief hängen lassen. Denn immerhin ging der erste Platz der Top 50 Start-ups an Traceless aus Hamburg.
Auffallend ist überdies das abermalige gute Abschneiden Thüringens. Das Bundesland zählt kaum mehr als 2,1 Mio. Einwohner, dennoch schafften es 2020 drei Kandidaten in die Top 50 Start-ups. Im Jahr 2021 sind es sogar vier, die Hälfte davon aus Jena. Damit muss sich Thüringen im Osten der Republik lediglich Berlin geschlagen geben.
2. Health & Life Science ganz vorn
Der Trend aus dem vorangegangenen Jahr setzt sich weiter fort. Sieben Top 50 Start-ups kamen aus dem Bereich Health & Life Science (14 Prozent). Jeweils fünf (10 Prozent) stammen aus den verwandten Bereichen Medizin und Biotechnologie. Damit entfällt ein Drittel sämtlicher Top 50 Start-ups allein auf diese drei Sektoren.
Jeweils vier Unternehmen (8 Prozent) entfallen auf die Sektoren Mobilität, Software und Industrie 4.0. Newcomer unter den Sektoren sind EdTech (Education Technology) und ConTech (Construction Technology) mit jeweils zwei Top 50 Start-ups. Abermals glänzt der Bereich FinTech mit Abwesenheit. Allerdings hat die Finanzbranche ein Imageproblem, weshalb ihre Vertreter bei den Gründerwettbewerben regelmäßig schlecht abschneiden.
3. Frauen holen auf – aber nur ganz langsam
Das Start-up-Geschäft bleibt eine Männerdomäne. Unter den insgesamt 146 Gründern des Jahrgangs 2021 waren nur 29 oder 19,9 Prozent Frauen. Da die Frauenquote in den beiden vorangegangenen Jahrgängen aber bei 19,5 Prozent (2020) und 15,8 Prozent (2019) lag, setzt sich die – wenn auch langsame – Aufholjagd fort. Bemerkenswert ist indes, dass hinter dem Sieger-Start-up traceless materials mit Anne Lamp und Johanna Baare ein reines Frauengründerteam steht. Damit handelt es sich um das erste allein von Frauen gegründete Start-up, das bei den Top 50 den ersten Platz belegt.
Im Jahrgang 2021 finden sich bei 58 Prozent der Gründerteams keine einzige Frau, bei 26 Prozent gab es zumindest eine und bei weiteren 16 Prozent zwei Frauen. Die Zahl der reinen Frauenteams belief sich 2021 auf vier oder 8 Prozent.
4. Immer weniger Start-ups mit B2C-Modell
Von den Top 50 Start-ups verfolgen etwa vier von fünf ein Geschäftsmodell, das auf Firmenkunden basiert (B2B). So belief sich ihr Anteil im Jahr 2020 auf exakt 80 Prozent. Im neuen Jahrgang erhöhte sich der Anteil der Top 50 Start-ups mit B2B-Modell weiter auf 86 Prozent. Nur noch sieben Top 50 Start-ups oder 14 Prozent wenden sich direkt an Privatkunden (B2C).
5. Große Unterschiede bei der Beschäftigung
Wachstumsunternehmen sind üblicherweise Arbeitsplatzgeneratoren. Tatsächlich beschäftigten die neuen Top 50 Start-ups per Jahresende 2021 insgesamt 570 Mitarbeiter (ohne die Gründer). Dies ist spürbar weniger als im Vorjahreszeitraum (624 Mitarbeiter), aber weitaus mehr als 2019 (358 Mitarbeiter).
Dabei gibt es gewaltige Unterschiede. So beschäftigten 14 Top 50 Start-ups neben den Gründern keinen einzigen Mitarbeiter. Dagegen bringt es Schüttflix, eine Art Uber für Sand, Schotter und Split, auf bereits 150 Beschäftigte. Weitere 13 weisen zumindest eine zweistellige Mitarbeiterzahl auf.
Unterdessen plant nur jedes zehnte Top 50 Start-up im neuen Jahr keinen Beschäftigungsaufbau. Ein Viertel will mindestens zehn neue Stellen schaffen; der Rest bis zu neun neue Stellen.
6. 72 Prozent streben Finanzierungsrunde an
36 Unternehmen oder 72 Prozent der Top 50 Start-ups streben im laufenden Jahr eine neue Finanzierungsrunde an. Zwei wollen sogar mehr als 10 Mio. Euro aufnehmen und vier weitere 5 bis 10 Mio. Euro. Damit ähnelt der Finanzbedarf des Top 50 Start-up-Jahrgangs 2021 dem des Vorjahres.
Gesucht werden hauptsächlich neue Venture Capital-Investoren. Auf klassische Kredite oder ähnliche Bankenfinanzierungen setzt allein ein Top 50-Start-up. Zehn weitere können sich Bankenfinanzierungen zumindest vorstellen.
Bislang haben sich 19 Unternehmen allein aus eigenen Quellen finanziert, das sogenannte Bootstrapping. Jeweils 14 haben Geld von Business Angels oder anderen Venture Capital-Investoren erhalten. Zehn Top 50 Start-ups erhielten Förderdarlehen der KfW oder der Förderbanken der Länder.
7. Auslandsexpansion ganz oben auf der Agenda
Start-ups wollen und müssen schnell wachsen. Ein Mittel der Wahl ist dabei die Expansion ins Ausland. Von den Top 50 Start-ups ist bereits etwa jedes dritte im Ausland tätig. Die wichtigsten Märkte sind dabei die EU, gefolgt von den USA und der Schweiz. Interessanterweise wird Großbritannien kaum genannt. Einige Start-ups sind sogar schon in Kenia oder Indien tätig.
Zwei Drittel der Top 50 Start-ups streben im laufenden Jahr eine (weitere) Expansion ins Ausland an. Die wichtigsten Zielmärkte sind wiederum die restliche EU sowie die USA. Erstaunlicherweise wird hier lediglich ein einziges Mal Großbritannien genannt. Das war in den Vorjahren anders. Der Brexit scheint die Expansionspläne deutscher Start-ups negativ zu beeinflussen.
8. Trotz Abklingen von Corona sinkt die Stimmung
Nur eine kleine Minderheit der Top 50 Start-ups fürchtet, dass die Corona-Pandemie einen Strich durch ihre Wachstumspläne macht. Obgleich offensichtlich die meisten Start-ups von einem Auslaufen der Pandemie ausgehen, trübt sich die Stimmung gegenüber dem Vorjahr leicht ein, wie aus einer Umfrage zur den Herausforderungen 2022 hervorgeht. Während im Vorjahr noch 98 Prozent des Top 50-Start-up-Jahrgangs optimistisch auf das neue Jahr blickten, sind es im Januar 2022 lediglich 92 Prozent. Im Vergleich zur übrigen Wirtschaft strotzen die Start-ups aber geradezu von Zuversicht.