Fast alle Top 50 Start-ups sind für 2022 optimistisch
Umfrage zu den Aussichten und Herausforderungen im neuen Jahr.
Auch die Top 50 Start-ups des Jahrgangs 2021 haben im neuen Jahr mit Herausforderungen zu kämpfen. Ein Problem gehört erstaunlicherweise aber nicht dazu. Im Vergleich zum Vorjahr zeigen sie sich aber etwas weniger optimistisch.
Ausblick und Herausforderungen
1. 92 Prozent blicken zuversichtlich auf 2022
Bei den Top 50 Start-ups herrscht großer Optimismus. 44 Prozent gaben in einer Umfrage an, „sehr optimistisch“ auf das neue Jahr zu blicken. Weitere 48 Prozent zeigten sich immerhin „optimistisch“. Dagegen ist nur ein einziges Start-up (2 Prozent) „pessimistisch“ gestimmt. Drei weitere (6 Prozent) gehen von einem unveränderten Geschäft aus.
Trotz der großen Überzahl der Optimisten lässt sich doch gegenüber dem Vorjahr eine Eintrübung der Stimmung beobachten. Damals gaben sogar 98 Prozent an, „sehr optimistisch“ oder „optimistisch“ zu sein, 6 Prozentpunkte mehr als heute. Nur eines war „pessimistisch“.
2. Vielfältige Gründe für den Optimismus
Die Gründe für den Optimismus fallen vielfältig aus. Einige wachsen stark, andere wollen von boomenden Märkten profitieren oder können nach einer erfolgreichen Finanzierungsrunde durchstarten. Konkret:
„Wir haben bisher jedes Jahr unseren Umsatz verdoppelt auf 3,5 Mio. Euro im zweiten vollen Jahr − ohne aktiv Werbung zu machen. Ab Februar vermarkten wir uns aktiv und sehen einem großen Wachstum entgegen“, sagt Manuel Rupp, Geschäftsführer und Gründer von weLOG in Wetzlar.
Andere hoffen von der Digitalisierung der Gesundheitsbranche zu profitieren „eHealth Markt war 2021 auch schon sehr gut und verbessert sich durch Market-Education und verbreiterter Akzeptanz der Produkte in dieser Branche“, meint Carlos Krause, Mitgründer von A.S.S.I.S.T. aus Tübingen.
„2023 kommt das Mehrweggesetz, das Gastronom*innen dazu verpflichtet, eine Mehrwegalternative neben Einwegverpackungen für Food to-go anzubieten“, sagt Lennart Heyner, Mitgründer von Crafting Future in Hannover, das innovative Mehrwegbehälter für Lebensmittel anbietet. Dabei dürfe die Mehrwegalternative nicht teurer sein als die Einmallösungen. „Der Markt wird schlagartig rapide wachsen und kaum jemand hat Erfahrungen mit zirkulierenden Behältern. Wir schon! Mit uns hat man den perfekten Partner, um flexibel auf die neuen Marktgegebenheiten zu reagieren.“
Viele führen ihren Optimismus auf den bevorstehenden Markteintritt zurück. „Wir stehen in den Startlöchern, werden unser Produkt in 2022 zur Marktreife entwickeln und uns steht somit nichts im Weg, um erfolgreich durchzustarten“, kommentiert Henriette Maaß, CEO und Gründerin von Nanostruct aus Würzburg.
3. Zwei große und eine kleine Herausforderung
Ebenso vielfältig wie die Geschäftsideen der Top 50 Start-ups sind auch die Herausforderungen, mit denen sie zu kämpfen haben. Nennenswert sind vor allem drei Probleme:
Personal
Der Fachkräftemangel geht auch an den Top 50 Start-ups nicht vorbei, obgleich in den Vorjahren einige Preisträger erfahren haben, dass ihnen die Auszeichnung auch bei der Personalsuche geholfen hat. Allein 21 der Start-ups oder 44 gaben an, Schwierigkeiten bei der Gewinnung guter Mitarbeiter zu haben oder den raschen Personalaufbau organisatorisch zu bewältigen.
Dies stellt für Start-ups traditionell eine besonders große Herausforderung dar, schließlich benötigen sie für ihre Wachstumsziele besonders viele neue Mitarbeiter. So will ein Viertel der Top 50 Start-ups im laufenden Jahr zehn oder mehr Stellen schaffen. Rund 65 Prozent beabsichtigen zumindest bis zu neun neue Mitarbeiter einzustellen und nur 10 Prozent sehen vorerst von Neueinstellungen ab.
Finanzierung
Nur selten können Start-ups ihre ambitionierten Wachstumspläne aus den generierten Erträgen finanzieren und auch die Eigenmittel der Gründer sind meist begrenzt, zumal viele mehr oder weniger direkt von der Uni kommen. Dagegen stellt ein Start-up wie Schüttflix eine Ausnahme dar, das mit Eigenmitteln von 4 Mio. Euro starten konnte und dem im vergangenen Jahr sogar eine Finanzierungsrunde von 50 Mio. US-Dollar (45 Mio. Euro) gelang. Von daher verwundert es kaum, dass 13 Top 50 Start-ups (26 Prozent) ihre Finanzierung als Herausforderung nannten.
Corona
Ganz anders beim Thema Corona. Noch nie war die Zahl der Infizierten so hoch wie Ende Januar 2021. Doch für die Start-ups scheint es sich um ein zu vernachlässigendes Problem zu handeln. In der Umfrage bezeichneten lediglich vier Start-ups (8 Prozent) Corona als eine Herausforderung. Dabei fallen die Gründe ganz unterschiedlich aus. So bedroht die Pandemie etwa die Produktion durch Lieferengpässe oder Kunden zögern beim Abschluss von Geschäften.
Umgekehrt profitieren aber auch Start-ups von durch Corona entstandenen Mangel in teilen des Gesundheitswesens. Dazu zählen die verschiedenen Anbieter von Gesundheits-Apps wie Mentalis, die es ins aktuelle Top 50 Start-ups-Ranking geschafft haben.
Während der Covid-Pandemie musste das therapeutische Angebot der Kliniken teilweise stark reduziert werden, was zum Beispiel die Gruppengrößen therapeutischer Gruppenangebote aber auch die Möglichkeit betrifft, Patient:innen tagesklinisch weiterzubehandeln. Vor diesem Hintergrund sind digitale Versorgungsangebote wie die digitale Nachsorge wichtiger denn je.
Christian Aljoscha Lukas, Gründer und Geschäftsführer von Mentalis4. Fazit: Stimmungseinbruch erreicht Start-ups
Die allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen erfassen auch die Start-up-Szene. Dies dürfte der Grund dafür sein, dass die Stimmung des aktuellen Top 50 Start-up-Jahrgang etwas weniger enthusiastisch als im vorangehenden ausfällt, ähnlich wie in der Gesamtwirtschaft.
Da neu gegründete Unternehmen noch keinen Namen oder gar eine etablierte Arbeitgebermarke besitzen, trifft sie der Fachkräftemangel besonders stark. Umso nützlicher sind Auszeichnungen wie die Top 50 Start-ups, die für eine gewisse Qualität stehen und den Preisträgern so die Personalsuche erleichtern.
Dagegen darf das Thema Finanzierung nicht allzu ernst genommen werden. Aufgrund der niedrigen Zinsen und mangelnder Investitionsalternativen fließt seit einigen Jahren deutlich mehr Kapital in Start-ups. Selten waren die Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups so günstig wie heute.