Folie für Folie: Das perfekte Pitch Deck für Start-ups

Die Investoren-Präsentation zählt zu den wichtigsten Dokumenten eines Start-ups. Wir zeigen, worauf es ankommt.

Um groß und stark zu werden, benötigen Start-ups Geld, viel Geld. Von daher gehören die Unternehmenspräsentationen an potenzielle Investoren, neudeutsch auch als „Pitch Deck“ bezeichnet, zu jedem Start-up wie die Brezen zur Weißwurst. Es handelt sich gewissermaßen um die Langversion des One-Pagers. Doch was wollen Investoren in einem Pitch Deck sehen? Wir haben die ultimative Vorlage samt Erläuterungen aus der Praxis zusammengestellt.

Um bei potenziellen Investoren kein Gähnen auszulösen oder gleich in der Ablage „P“ für Papierkorb zu enden, sollte ein perfekter Pitch Deck kaum mehr als ein Dutzend Seiten umfassen, kurz, klar und pointiert formuliert sein. (Die folgenden Nummern 1 bis 11 entsprechen 11 Seiten der Präsentation.)

Pitch Deck
Das Geld liegt zwar nicht auf der Straße, doch lassen sich heute mit einem perfekten Pitch Deck leicht Investoren finden. (Photo by Markus Spiske on Unsplash)

1. Deckblatt

Bei dem Deckblatt gilt wie überall der Grundsatz „weniger ist mehr“. Üblicherweise genügen Logo bzw. Namen des Start-ups, die Kontaktdaten und möglicherweise ein Produktfoto, sollte es so etwas geben. Üblich sind auch sogenannte „Claims“, in denen Unternehmen ihre „Mission“ darstellen. Einer der bekanntesten Claims dürfte „Vorsprung durch Technik“ sein. Falls euch dazu der Name eines Ingolstädter Unternehmens einfällt, dann hat der Claim sein Ziel erreicht.

2. Team

Investoren achten bei Start-ups besonders auf das Gründerteam, weshalb eine Darstellung in jedes Pitch Deck gehört. Auf Mitarbeiter oder Berater sollte indes verzichtet werden. Die Gründer müssen dabei die Bereiche Produkt (Technik, Software, Entwicklung), BWL und den Vertrieb überzeugend abdecken.

Dies ist besonders bei technologieorientierten Unternehmen nicht immer der Fall – dort fehlt oft ein Vertriebsprofi im Team. Die Persönlichkeiten von Technikprofis und Vertriebsspezialisten passen oft nicht zusammen, so dass sich die Teams nicht automatisch zusammenfinden. „Die DNAs eines Nerds und eines Vertriebsmenschen sind oft sehr verschieden“, kommentiert beispielsweise Business Angel Oliver Gosemann. Dennoch gehört ein Vertriebsprofi ins Gründerteam eines jeden noch so technisch orientierten Start-ups.

Wichtig sind auch komplementäre Persönlichkeiten bzw. eine „gute Chemie“ im Gründerteam. Es muss die Investoren möglichst überzeugen, auch den Herausforderungen in Krisenzeiten gewachsen zu sein, mit denen fast jedes Start-up konfrontiert ist. In der entsprechenden Folie des Pitch Decks sollte daher genau herausgearbeitet werden, was der jeweilige Gründer zum Unternehmenserfolg beiträgt.

Die DNAs eines Nerds und eines Vertriebsmenschen sind oft sehr verschieden.

Oliver Gosemann, Business Angel

3. Problem

Der Nutzen für Kunden lässt sich bei den meisten Produkten und Dienstleistungen in Form eines Problem-Lösungs-Ansatzes beschreiben. So bestand lange das Problem, dass viele Restaurants aus Aufwands-Nutzen-Erwägungen keine Lieferung zu Kunden nachhause leisten können, die Kunden aber eine solche Dienstleistung nachfragen, weil sie keine Zeit oder Lust auf einen Restaurantbesuch haben.

4. Lösung

Ihr ahnt es schon: Die Lösung besteht in einem Lieferdienst, bei dem die Kunden das Essen von dem Restaurant ihrer Wahl online ordern können, während die Lieferung und die Zahlungsabwicklung der Lieferdienst übernimmt. Obgleich in der Realität die Probleme und deren Lösung oft etwas komplizierter ausfallen als in diesem Beispiel, gilt es, beides leicht verständlich und ohne zu viel Fachjargon kurz darzustellen, da die Investoren oft mehr von Finanzen als der Technik verstehen.

Womit sich Pitch Decks erzeugen lassen

Microsoft Powerpoint: Der Klassiker unter der Präsentations-Software ist sicherlich Microsoft Powerpoint, über das die meisten Leute verfügen und sich daher auch halbfertige Präsentationen leicht austauschen lassen.

Open Office Impress: Eine Alternative zu Microsoft ist Open Office Impress. Open Office lässt sich nicht nur kostenfrei herunterladen, sondern enthält auch eine Excel ähnliche Lösung, was bei zahlenorientierten Präsentationen und den darauf basierenden Grafiken wichtig ist.

Google Slides: Google Slides kostet nichts und kann auch bei intuitiver Handhabung punkten. Als cloudbasierte Lösung können mehrere Autoren über Kontinente hinweg gemeinsam an einer Präsentation arbeiten, was sie vor allem für Teamwork prädestiniert.

Apple Keynote: Apple Keynote ist die klassische Lösung für Apple- bzw. iOS-Jünger. Die Software ist ähnlich wie Powerpoint zu bedienen und kann auch dessen Formate verarbeiten.

5. Produkt oder Dienstleistung

Die Lösung des Problems besteht freilich in dem Produkt oder der Dienstleistung, die das Start-up anbietet. Auf dieser Folie sollte möglichst ein Prototyp oder ein Minimum Viable Product dargestellt werden. Dazu haben sich auch Bilder oder sogar kurze (!) Produktvideos bewährt, denn Investoren lieben es, etwas Handfestes zu sehen.

6. Marktanalyse

Für den Erfolg ist entscheidend, dass für das Lösungsangebot des Start-ups überhaupt ein genügend großer Markt existiert. Um das Marktpotenzial abzuschätzen, hat sich ein Top-Down-Ansatz bewährt. So ermittelt man erst den Markt für Krebstherapien in Deutschland, dann den für die jeweilige Krebsart und anschließend für die neue digitale Bildanalyse, die das Start-up anbietet. Wenn diese Märkte unrealistisch groß gewählt werden wie z.B. der Gesundheitssektor weltweit, dann wirkt dies wenig überzeugend.

7. Wettbewerbsanalyse

Viele Start-ups glauben, dass sie mit ihrer Idee einen jungfräulichen Markt erobern und halten daher eine Konkurrenzanalyse für obsolet. Doch in der Realität gibt es regelmäßig den einen oder anderen Konkurrenten aus dem Ausland oder etablierte Unternehmen, die mit wenig Aufwand in das gleiche Segment vorstoßen können. Es gilt also auch die potenziellen Wettbewerber zu berücksichtigen.

Louis Heinz, Investmentmanager beim High-Tech-Gründerfonds, empfiehlt für die Marktanalyse einen Top-Down- und für die Wettbewerbsanalyse einen Bottom-up-Ansatz. „Meistens sind die Zahlen, die bei den beiden Analysen herauskommen, gar nicht so verschieden. Das ist dann ein gutes Zeichen“, kommentiert Heinz. (Was Heinz noch zur Venture Capital-Finanzierung zu sagen hat.)

Kein Gründer darf diese beiden Analysen vernachlässigen, denn Investoren können daran den Geschäftssinn und den kaufmännischen Sachverstand des Gründerteams ablesen. So mancher Nerd muss hier noch seine Hausaufgaben erledigen.

Louis Heinz

Meistens sind die Zahlen, die bei den beiden Analysen herauskommen, gar nicht so verschieden. Das ist dann ein gutes Zeichen.

Louis Heinz, Investmentmanager beim High-Tech-Gründerfonds

8. USP (Alleinstellungsmerkmal)

Nachdem Produkt bzw. Dienstleistungen und der Wettbewerb dargestellt wurden, kommt es darauf an, das Alleinstellungsmerkmal (Unique Selling Proposition, USP) des Produktes oder der Dienstleistung gegenüber dem Angebot der Konkurrenz abzugrenzen. Wohlgemerkt, es handelt sich um EIN Alleinstellungsmerkmal, das möglichst überzeugend vorgestellt und ggf. in Unterpunkte zergliedert wird. Wer gleich mit einer Kaskade an Alleinstellungsmerkmalen daherkommt, verfehlt das Ziel. Schließlich heißt es ja auch nicht „Multiple Selling Propositions.“

Pitch Deck Uber
Entgegen der reinen Lehre wählt Uber statt eines USP mehrere Key Differentiators.

9. Geschäftsmodell & Prognose

Für viele Ingenieure, Naturwissenschaftler und Informatiker ist mit der Vorstellung des innovativen Produktes oft schon der Pitch erledigt. Doch aus kaufmännischer Sicht wird die Präsentation erst jetzt wirklich interessant: Wie lässt sich mit dem unerhört innovativen Produkt Geld verdienen?

Üblicherweise werden die Ertragsprognosen mit einem sogenannten „Hockeystick-Chart“ dargestellt, der links unten anfängt und zunächst seitwärts verläuft, bevor er stark nach oben rechts ansteigt. Dabei gilt es aber einen kleinen Drahtseilakt zu vollführen: Einerseits wollen Investoren eine Erfolgstory und visionäre Ziele sehen, andererseits sollten sie realistisch bleiben.

10. Proof of Concept, Testimonials und Meilensteine

Sobald ein Start-up am Markt ist, wollen Investoren Erfolge sehen. Am überzeugendsten ist wiederum der „Hockeystick-Chart“. Besonders bei jüngeren Start-ups fehlen indes meist belastbare Ertragszahlen. In diesem Fall hilft es, mit dem Erreichen von Meilensteinen z.B. bei der Produktentwicklung oder beim Traffic (bei Webseiten) zu punkten. Auch positives Kundenfeedback schmückt ein Pitch Deck ungemein.

Pitch Deck Hockeystick
Das Social Media Management-Tool Buffer setzt auf den Hockeystick-Chart.

Tipp: Der Teufel steckt im Detail

Rechtschreibung, Grammatik und die recherchierten Daten und Fakten müssen im Pitch Deck korrekt sein. Falls dort Fehler auftreten, dann schließen Investoren darauf, dass die Gründer schludrig arbeiten. Die Präsentation sollte also mehrfach gegengelesen und mit der automatischen Rechtschreibprüfung kontrolliert werden. Jede Zahl muss doppelt geprüft werden. Weiter sollten Personen den Pitch anschauen, die nicht mit dem Start-up beschäftigt sind. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass auch Laien alles verstehen.

11. Kapitalbedarf/Call of Action

Das wichtigste zuletzt: Natürlich müssen die Investoren wissen, wie hoch der konkrete Kapitalbedarf ausfällt, wofür das Geld ausgegeben wird und was sich damit erreichen lässt. Auch hierbei ist ein wenig Realismus ratsam, denn oft ist die Auszahlung von Kapitaltranchen an das Erreichen bestimmter Meilensteine gebunden. Zu viel Optimismus kann sich also rächen.

Überdies sollten auch spätere Finanzierungsschritte und deren Auswirkungen auf die Anteilsstruktur der Investoren angerissen werden, wie sie ein Cap Table enthält.

12. Fazit: Gründer sollten ihren Pitch Deck testen

Diverse Organisationen wie BayStartUP bieten regelmäßig Veranstaltungen an, auf denen Gründer ihren Pitch kurz vorstellen können und anschließend ein Feedback erhalten. Bevor Gründer also ernsthaft Investoren angehen, sollten sie mit ihrem Pitch auf jeden Fall einige Probedurchläufe absolvieren. Denn Business Angels oder Venture Capital-Fonds geben einem abgelehnten Start-up selten eine zweite Chance.

„Unreife Unterlagen einzureichen, bringt nichts", warnt Carsten Rudolph, Managing Director bei BayStartUP in München. „Es fällt schwer, einen Business Angel dazu zu bringen, sich ein Start-up ein zweites Mal anzuschauen.“

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