Wie Start-up-Gründer den passenden Business Angel finden

In der Frühphase vieler Start-ups spielen Business Angels eine entscheidende Rolle. Wir zeigen, wie und wo Gründer einen Engel finden.

Ein Engel ist bekanntlich ein Himmelsbewohner mit zwei Flügeln, die er für sein Fortkommen benötigt. Ganz ähnlich sieht es beim irdischen Pendant des Business Angels aus. Dabei handelt es sich meist um (ehemalige) Geschäftsleute, die sowohl Kapital (Flügel 1) als auch Know-how und Kontakte (Flügel 2) mitbringen.

Wir zeigen euch, wann der richtige Zeitpunkt zur Suche nach Business Angels gekommen ist, wo ihr sie findet, wie auch größere Summen gestemmt werden und was Gründer bei der Ansprache regelmäßig falsch machen.

Business Angel
Für Start-up-Gründer können Business Angel eine wichtige Stütze sein. Photo by Ussama Azam on Unsplash

1. Wann die Zeit für Business Angels gekommen ist

Normalerweise stoßen die Kommerzengel in der Seed-Phase zu den Start-ups, nachdem diese mit den eigenen Ersparnissen, öffentlichen Fördergeldern und dem Geld von Freunden und Verwandten, also den „Family, Friends and Fools“, die Geschäftsidee entwickelt und den Businessplan aufgestellt haben. Dabei ist es wichtig, die Motivation dieser Investoren zu verstehen. Neben dem Wunsch junge Gründer zu unterstützen, spielt selbstverständlich ein kaufmännisches Kalkül eine Rolle. Mit dem frühen Einstieg gehen Business Angels zwar ein erhöhtes Risiko ein, aber sie erhalten für ihr Kapital Unternehmensanteile zu einem recht günstigen Preis, weshalb auch die Rendite im Erfolgsfall hoch ausfällt.

Doch es gibt auch Ausnahmen. Roland Kirchhof, Vorstand des Business Angel Netzwerkes Deutschland (BAND), kennt Privatinvestoren, die schon bei der Entwicklung des Businessplans helfen oder aber erst während der Wachstumsphase in ein Start-up einsteigen. Generell empfiehlt Kirchhof Gründern, sich möglichst früh nach einem Business Angel umzuschauen.

TIPP

Die umfassende Liste der Business Angels-Netzwerke in Deuschland.

2. Wo ihr Business Angels findet: Eigenes Umfeld

„Beide Ventures, für die ich bisher tätig war, hatten Business Angels und diese kamen jeweils aus dem direkten Umfeld“, erzählt Philipp Bürling, Co-Founder der Biotechnologiefirma Numatech und heute Finanzchef von Priavoid in Düsseldorf. „Meine Einschätzung ist die, dass Business Angels auch immer einen starken Fokus auf ihr eigenes Umfeld haben (natürlich nicht ausschließlich) und daher wäre mein erster Tipp genau da zu schauen. Gibt es, abgesehen vom Thema selbst irgendeine gemeinsame Connection? Gleiche Uni der Ausgründung, gleiches Bürogebäude, gemeinsame Kontakte?“

Bei Kapitalgebern aus dem Familien- und Freundeskreis gelten allerdings besondere Regeln. Carsten Rudolph, Managing Director bei BayStartUp in München, empfiehlt, sich Investoren aus dem eigenen privaten Umfeld genau anzuschauen. Nur wenige davon seien professionelle Investoren und könnten mögliche Verluste verkraften. „Schauen Sie also genau hin, ob der Kollege oder die Oma wirklich geeignete Geldgeber sind", sagt Rudolph. „Die Leute sollten wissen, worauf sie sich einlassen, denn ein Startup-Investment ist keine klassische Kapitalanlage."

Mit der Höhe des Kapitals und der Zahl der Business Angels wird es immer schwieriger, Allen gerecht zu werden.

Florian Dyballa, Co-Founder des Top 50 Start-up Aivy in Berlin

3. ... und bei Pitch-Events

Gründer müssen bei der Engel-Suche nicht bei Null anfangen. Längst haben sich Pitch-Events und Netzwerke etabliert, auf denen Gründer ihr Start-up präsentieren können. Dort finden sich teilweise Leute, die sonst kaum in Erscheinung treten. Dort finden sich auch Business Angels, die im Internet wenig in Erscheinung treten, um sich dort nach lohnenen Investments umzusehen, wie Teilnehmer berichten.

Leider tauchen bei solchen Veranstaltungen auch gefallene Engel auf. „Einige geben sich als Business Angels aus und wenn man dann näher ins Gespräch kommt, sagen sie. ‚Dein Marketingkonzept ist nicht gut. Für 10.000 Euro kann ich dir das machen. Anschließend können wir dann über eine Finanzierung nachdenken‘“, warnt Kirchhof in einem Interview zum Thema Business Angels. Da die Start-up-Szene in den vergangenen Jahren hinzugelernt habe, komme dies heute seltener vor. „Aber wir haben schon alles gesehen“, kommentiert Kirchhof.

Auch das Berliner HR-Assessment-Start-up Aivy hat sich zunächst auf den Start-up-Events umgesehen; doch die Erfahrungen waren gemischt. „Es haben sich schon einige Business Angels für uns interessiert, aber wenn es dann an die Finanzierungszusage ging, wollten viele doch noch abwarten“, erinnert sich Florian Dyballa, Co-Founder von Aivy, das im Top 50 Start-ups-Ranking 2020 den fünften Platz belegte. „Das war uns zu unverbindlich.“

Allerdings wollte Aivy auch die stolze Summe von 500.000 Euro einsammeln. Üblich sind bei Kommerzengeln Einzelinvestitionen zwischen 50.000 und 100.000 Euro. Um die üppige Kapitalspritze zu stemmen, hätte Aivy viele Business Angels an Bord holen müssen, die sich das Investment teilen. Da mit jedem Anteilseigner aber auch das Risiko für Streit und Blockade wächst, hat sich Aivy von diesem Weg verabschiedet. Überdies gebe es auch das Problem, dass so mancher Einzelinvestor Sonderwünsche reklamiere, was den Prozess weiter erschwere. „Mit der Höhe des Kapitals und der Zahl der Business Angels wird es immer schwieriger, allen gerecht zu werden“, kommentiert Dyballa.

Wie viel Geld Business Angels zur Verfügung stellen

Frank Müller, Geschäftsführendes Mitglied bei Business Angels FrankfurtRheinMain, beziffert das durchschnittliche Investment eines Business Angels in Syndikaten, also mit anderen Engeln, auf etwa 50.000 Euro. „Der tatsächliche Finanzbedarf liegt bei Start-ups aber meist bei einigen hunderttausend Euro. Besonders gut finanzierbar in Syndikaten sind 200.000 Euro, auch 400.000 Euro sind erreichbar", sagt Müller. „Darüber wird es allein mit Business Angels schwieriger." Zusammen mit anderen Venture Capital-Gebern sei aber auch das möglich.

4. ... und bei Netzwerken und Plattformen

Doch neben den Events gibt es längst eine Vielzahl an Business Angel-Netzwerken wie das BAND, in dem auch zahlreiche regionale Netzwerke organisiert sind. BAND Co-Vorstand Kirchhof empfiehlt, sich mit einem sogenannten One-Pager, der das Executive Summary des Businessplans enthält, beim BAND zu bewerben. Diese One-Pager hätten eine bestimmte Form, die den angeschlossenen Netzwerken und einzelnen Business Angels die schnelle Orientierung erleichtere. Außerdem hätten die Mitglieder sich auf einen Verhaltenscodex verpflichtet.

Aivy dagegen hat sich an die Plattform Companisto gewandt, die zwar ursprünglich aus dem Crowdfunding stammt, aber auch über eine Business Angel-Plattform verfügt. „Dort konnten wir eine Vielzahl von Investoren ansprechen und für uns gewinnen“, berichtet Dyballa. „Einen großen Vorteil stellt neben einem zuvor verhandelten Term-Sheet das harte Pooling der Business Angels dar. Diese müssen also mit einer Stimme sprechen. Entschieden wird dann mit Mehrheitsbeschluss, weshalb kein einzelner Investor etwas blockieren kann.“ Einige der auf den Events gefundenen Business Angels hätten sich ebenfalls über diese Plattform beteiligt.

Ein weiterer Vorteil dieser Lösung: „Man findet Investoren wie z.B. Investmentbanker oder leitende Führungskräfte aus Konzernen, die im Regelfall keine solchen Start-up-Events besuchen“, erzählt Dyballa. Auch einige der auf diese Weise gefundenen Privatinvestoren würden Aivy mit Know-how und Kontakten zur Verfügung stehen. „Über sie haben wir bereits eine Reihe von Intros zu Kooperationspartnern und potenziellen Kunden erhalten“, ergänzt Dyballa.

Einige Netzwerke von Business Angels

  • Das Business Angels Netzwerk Deutschland in Essen (BAND) versteht sich als Dachverband der Business Angels und ihrer Netzwerke in Deutschland. Durch einen Verhaltenscodex soll die Qualität gesichert werden.
  • BayStartUp ist ein Netzwerk, welches Gründer und Investoren aus Bayern zusammenbringen will. Dazu gehören Business Angels ebenso wie andere Investoren.
  • Bei Business Angels FrankfurtRheinMain sind rund 150 Business Angels vornehmlich aus der Region organisiert. Die Mitglieder investieren nach eigenen Angaben aber in Start-ups aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.
  • Der Business Angels Club Berlin-Brandenburg (BACB) vereint 62 Business Angels aus der Hauptstadtregion. Der BACB besitzt einen Schwerpunkt in Internet, Medien, SaaS und ITK.

5. Wieso das Gründerteam so wichtig ist

„Ob sie investieren wollen oder nicht, entscheiden Business Angels in erster Linie über die Qualität des Gründerteams“, erläutert Müller. Insbesondere müsse das Gründerteam die drei Bereiche Produkt und Technik, kaufmännische Themen und den Vertrieb glaubhaft abdecken. Da dies eigentlich nur von mehreren Personen geleistet werden kann, haben Einzelkämpfer ganz schlechte Karten. Außerdem müsse der Weiterbetrieb des Start-ups gesichert sein, selbst wenn ein Gründer später ausscheiden müsse. Die Persönlichkeiten der Gründer sollten sich überzeugend ergänzen. „Ein erstklassiges Gründerteam wird auch eine mittelmäßige Geschäftsidee zum Erfolg führen“, ist sich Müller sicher. „Dagegen scheitert ein mittelmäßiges Team oft mit einer erstklassigen Idee.“

6. Was viele bei der Ansprache falsch machen

Die Konkurrenzanalyse: Rudolph von BayStartUp bekommt regelmäßig von Start-ups zu hören, dass man keine Konkurrenz habe. Dies treffe in den seltensten Fällen zu. Entweder sei die Marktanalyse unzureichend oder es werde die indirekte Konkurrenz vergessen, die das Problem vielleicht nur etwas anders löst. „Ein Gründer sollte im Gespräch mit dem Angel ruhig auch Konkurrenten aus dem weiteren Umfeld bewerten und es nicht dem Angel selbst überlassen, eine Reihe von potenziellen Konkurrenten aufzuzählen“, empfiehlt Rudolph.

Zu technische Sprache: Viele Business Angels halten sich an den traditionellen Grundsatz, in nichts zu investieren, was man nicht versteht. Doch nach Müllers Erfahrung sind viele Gründer zu sehr in ihrer Fachterminologie gefangen und könnten ihre Geschäftsidee nicht kurz und allgemeinverständlich vermitteln. Da viele Business Angels branchenfremd sind, führe das rasch zu Problemen. Müller rät: „Sprechen sie testweise darüber mit anderen Leuten und achten Sie darauf, dass sie ihre Geschäftsideen verstehen.“

Zu frühe Ansprache: Rudolph empfiehlt Gründern erst einmal ihre Hausaufgaben zu erledigen, bevor sie Business Angels ansprechen. Oft seien Business-Pläne und Konzepte noch nicht ausreichend ausgearbeitet. „Unreife Unterlagen einzureichen, bringt nichts", warnt Rudolph. Da die Zahl der Business Angels begrenzt sei, seien Gründer dann rasch verbrannt. „Es fällt schwer, einen Business Angel dazu zu bringen, sich ein Start-up ein zweites Mal anzuschauen.“ Rudolph empfiehlt, sich vorher genügend Feedback einzuholen, damit der Pitch auch überzeugend ausfällt.

Mangelnde Chemie: Bei der Suche nach einem passenden Business Angel achten zu viele Gründer nur aufs Geld. „Sie sollten aber auch schauen, welche Kontakte und welches Management Know-how ein Business Angel mitbringt“, rät Rudolph. Gründer sollten gezielt nachfragen, wie die Zusammenarbeit genau aussehe. Die Chemie zwischen Angel und Gründern müsse stimmen. „Wenn die erste Krise eintritt, wird das Verhältnis meist nicht besser“, kommentiert Rudolph. Von daher müsse von Anfang an auf ein stimmiges und vertrauensvolles Verhältnis geachtet werden.

Nicht ambitioniert genug: Jeder Engel möchte natürlich in ein erfolgreiches Unternehmen investieren. Von daher führe Bescheidenheit bei den Geschäftsprognosen nicht weiter. „Die Prognosen dürfen nicht unrealistisch sein, sie sollten aber ambitioniert sein", rät Müller.

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