Sechs Fehler, die Venture Capital-Fonds an Start-ups stören
Die Finanzierung durch Venture Capital-Fonds ist für viele Start-ups entscheidend. Umso ärgerlicher sind hierbei Fehler.
Louis Heinz ist Investmentmanager beim High-Tech Gründerfonds (HTGF) in Berlin, der technologieaffine Start-ups mit Eigenkapital versorgt. Da die Anfragen von Start-up-Gründern über seinen Schreibtisch wandern, kennt er die Fehler genau, die Gründer regelmäßig begehen.
Inhalt
1. Gründer geben zu schnell zu viele Anteile ab
Bei den meisten Start-ups herrscht zumindest in der Frühphase Ebbe in der Kasse. Von daher ist die Verlockung groß, Berater und Geschäftspartner mit Unternehmensanteilen zu vergüten. Doch für einen VC-Fonds stellt es ein rotes Tuch dar, wenn zu viele Anteile zu früh abgegeben wurden. In einem solchen Fall droht die Gefahr, dass nicht genügend Anteile für neue Investoren bereitstehen oder für die Gründer nicht genug übrigbleibt. „Die Gründer verdienen in der Seedphase deutlich weniger als in der Industrie. Damit bleibt der Wertzuwachs der Anteile über die erfolgreiche Unternehmensentwicklung der finanzielle Hauptmotivationsfaktor“, betont Heinz. Wenn die Gründer aber nur noch geringe Anteile halten, fällt dieser Motivationsfaktor weg.
„An zu vielen abgegebenen Anteilen kann man häufig auch erkennen, ob die Gründer schon im Start-up-Geschäft Erfahrung haben oder nicht“, ergänzt Heinz. Ein Start-up sollte vor der Seed-Finanzierungsrunde nicht mehr als 10 bis 20 Prozent der Anteile abgegeben haben. „Alles darüber ist problematisch. Vor allem wenn der Nutzen der Partner nicht ersichtlich ist.“
2. Unklare Besitzverhältnisse beim IP
Bei technologiegetriebenen Start-ups stellt das Produkt meistens den zentralen Wert dar. An dessen Entwicklung waren aber häufig universitäre oder andere Forschungsreinrichtungen beteiligt. Auch bei der Softwareentwicklung mit Freelancern ist nicht immer klar, ob der Code tatsächlich vollständig dem Start-up gehört. „Das Thema Intellectual Property muss geklärt werden. Die Verhandlungen fallen dabei leichter, je früher man sie führt“, betont Heinz.
3. Mangelnde Vorbereitung des Pitch-Prozesses
Eine mangelnde Vorbereitung der Ansprache eines VC-Fonds wirft ein schlechtes Bild auf ein Start-up. So sollten sich Start-up-Gründer ganz genau anschauen, welchen VC-Fonds sie ansprechen. Passt die Branche, passt die Region, etc. – all das muss positiv beantwortet werden.
Auch die Unternehmensbewertung müssen Start-ups gründlich vorbereiten. So stellen überzogene Bewertungen des eigenen Unternehmens einen weiteren klassischen Fehler im VC-Pitch dar. In die Medien schaffen es meist die besonders großen Finanzierungsrunden, und erfahrene Gründerpersönlichkeiten, die aber längst nicht dem Marktdurchschnitt entsprechen. „Einige Uniabsolventen kommen, durch die Schlagzeilen beeinflusst, mit unrealistischen Forderungen an“, sagt Heinz.
Die Marktanalyse müsse im Vorfeld ebenfalls realistisch durchgeführt werden. Heinz schlägt vor, sowohl eine Top-down-Analyse als auch eine Bottom-up-Analyse durchzuführen. Bei einem Unternehmen, das bei der Krebstherapie auf die Bildanalyse mittels Künstlicher Intelligenz setzt, könne man die relevante Marktgröße so vom Health-Care-Markt weltweit auf den Markt in Deutschland und der EU bis schließlich auf den Markt für Krebserkennung in Deutschland herunterbrechen.
Umgekehrt kann die Wettbewerbsanalyse von der Zahl der Krebserkennungszentren in Deutschland ausgehen (Bottom-up) und dann analysieren, wie viele davon für das neue Verfahren relevant sind. „Meistens sind die Zahlen, die bei den beiden Analysen herauskommen, gar nicht so verschieden. Das ist dann ein gutes Zeichen“, kommentiert Heinz.
4. Mangelnde Vision
Auch beim Blick in die Zukunft begehen Gründer gerne Fehler. Manche Gründer formulieren bei der Frage, wo ihr Start-up in fünf oder zehn Jahren stehen wird, zu geringe Ambitionen. „Daran kann man schon die Denkweise der Gründer herauslesen“, meint Heinz. Generell wollen VC-Investoren immer eine ambitionierte Geschichte hören. „Ansonsten handelt es sich nicht um die richtige Finanzierungsform“, ergänzt Heinz.
5. Ein unrealistischer Finanzplan
Laut Heinz werden immer wieder illusorische Finanzpläne eingereicht. „Es gibt Finanzpläne, die nach ein paar Jahren eine EBITDA-Marge von über 50 Prozent vorsehen, während die besten Konkurrenzunternehmen bei 30 Prozent, die guten bei 20 Prozent und die soliden bei 10 Prozent liegen“, kommentiert Heinz. „Bei etablierten Konkurrenzunternehmen genügt häufig schon ein Blick in die Gewinn- und Verlustrechnung, um sich ein realistisches Bild zu machen.“ Denn bei ähnlichen Unternehmen herrscht wahrscheinlich eine ähnliche Kostenstruktur, die das Startup zwar übertreffen kann, allerdings in gewissen Bahnen
6. Zu viele VC-Fonds werden angesprochen
So manche Start-ups verschicken ihren Pitch an zahllose VC-Fonds mit der Hoffnung, dass schon einer anbeißt. Stattdessen sollten sich die Gründer die VC-Fonds ganz genau anschauen und bei der Ansprache kurz erläutern, wieso sie genau diesen Fonds angehen. Motto: „Ich passe zu dem Fonds, weil …“, erläutert Heinz. „Das sind nur zwei Sätze, die aber schon einen Unterschied ausmachen.“
Für mich ist die gemeinsame Kommunikation in der Due Diligence der wichtigste Faktor. Dort zeigt sich, ob man vertrauensvoll und professionell zusammenarbeiten kann.
Louis Heinz, Investmentmanager bei High-Tech GründerfondsWie der Auswahlprozess beim High-Tech Gründerfonds aussieht
Telefonat: Bei einem ersten Telefonat will der HTGF u.a. herausfinden, ob es bereits einen Wettbewerber im Fondsportfolio gibt. „Das stellt für uns ein hartes Ausschlusskriterium dar“, sagt Heinz. „Es wäre keine schöne Situation, wenn auf einem unserer Events zwei Portfoliounternehmen um dieselben Kunden kämpfen.“ Allerdings investieren andere VC-Fonds sehr wohl in konkurrierende Unternehmen.
Pitch Deck: Als nächstes schaut sich der HGTF den Pitch genau an. Heinz empfiehlt Gründern sich vorher bei Open-Pitch-Veranstaltungen Feedback für seine Bewerbung zu holen. So biete der HGTF jeden ersten Freitag im Monat Gründern die Möglichkeit, ihren Pitch in fünf Minuten vorzustellen. „Ein grober Schnitzer fällt dabei schnell auf“, sagt Heinz.
Due Diligence: „Für mich ist die gemeinsame Kommunikation in der Due Diligence der wichtigste Faktor. Dort zeigt sich, ob man vertrauensvoll und professionell zusammenarbeiten kann“, meint Heinz. Dies sei nicht nur aus Venture Capital-Perspektive, sondern auch aus Gründersicht wichtig.
Vertragsverhandlungen: Laut Heinz kommt es immer wieder vor, dass Start-up-Gründer für die anschließenden Vertragsverhandlungen Anwälte aus dem persönlichen Umkreis mitbringen, die zwar einen niedrigen Stundensatz berechnen, aber keine Erfahrung im Venture Capital-Markt mitbringen. „Die versuchen dann Passagen zu verhandeln, die längst zum VC-Standard gehören“, erinnert sich Heinz. „Ein auf Venture Capital spezialisierter Anwalt kennt die drei oder vier Stellschrauben ganz genau, bei denen noch Verhandlungsspielraum besteht.“
High-Tech Gründerfonds
Der High-Tech-Gründerfonds wurde 2005 als Public-Private-Partnership gegründet. Geldgeber sind neben dem Bundeswirtschaftsministerium und der staatseigenen KfW diverse deutsche Großunternehmen. Insgesamt hat der High-Tech-Gründerfonds 895,5 Mio. Euro in 600 Start-ups investiert. Dabei wurden in den vergangenen Jahren 123 Exits bewältigt. Start-ups, die Geld bekommen wollen, dürfen keine drei Jahre alt sein und müssen aus den Sektoren Digital Tech, Industrial Tech, Life Science, Chemie und angrenzenden Bereichen kommen. Die maximalen Investments liegen bei 1 Mio. Euro in der Seed- und 3 Mio. in der Skalierungsphase.