Die zehn spannendsten Börsengänge von Start-ups aus den letzten fünf Jahren
Nur wenige neu gegründete Unternehmen schaffen es an die Börse und dann fällt auch noch die Performance oft bescheiden aus.
Welcher Start-up-Gründer träumt nicht davon, sein Unternehmen in nicht allzu ferner Zukunft an die Börse zu bringen und in die exklusive Liga der Milliardäre aufzusteigen? Doch bei den meisten Gründern platzt dieser Traum ebenso schnell wie eine Seifenblase. Tatsächlich handelt es sich bei einem Börsengang um eine sehr seltene Exit-Strategie.
Selbst in den wenigen Fällen, in denen ein Start-up an der Börse endet, wird noch lange kein Traum wahr. Zumeist fällt die Börsenperformance nach dem Initial Public Offering (IPO) bescheiden aus, wie ein Rückblick auf die vergangenen Jahre belegt. Dazu haben wir die Performance zwischen dem IPO und dem Schlusskurs per Ende Oktober 2022 berechnet.
In der neuen Berechnung ist auch der heftige Börseneinbruch enthalten, der aus dem Einmarsch Putins in die Ukraine resultiert. Doch auch hier gilt die alte Börsenregel: „Wenn die Ebbe kommt, sieht man, wer ohne Badehose dasteht.“
Alles rund um den Börsengang von Start-ups
1. Zehn Börsengänge und ihre Performance
Trivago: -91 Prozent
Die Hotelvergleichsplattform Trivago wagte sich am 19. Dezember 2016 zu einem Ausgabepreis von 12 Euro an die Börse. Seither ist die Aktie um 91 Prozent auf 1,04 Euro abgestürzt.
Mister Spex: -87 Prozent
Erst Anfang Juli 2021 ist der Online-Optiker Mister Spex an die Börse gegangen. Bei einem Ausgabekurs von 25 Euro je Aktie sammelte das ehemalige Berliner Start-up die Kleinigkeit von 375 Mio. Euro ein. Doch per Ende Oktober 2022 war die Aktie nur noch 3,14 Euro wert, was einem Minus von 87 Prozent in kaum mehr als einem Jahr entspricht.
Fashionette: -87 Prozent
Fashionette ist ein Onlinehändler für Luxushandtaschen und ging am 29. Oktober 2020 an die Börse. Seither ist der Ausgabekurs von 29 Euro auf 3,90 Euro abgestürzt. Folglich mussten Investoren einen Wertverlust von 87 Prozent verkraften. Immerhin brachte der Börsengang 112 Mio. Euro ein.
Home24: -74 Prozent
150 Mio. Euro hat der Onlinemöbelhändler bei seinem Börsengang am 15. Juni 2018 eingesammelt. Der Ausgabepreis lag bei 28,50 Euro. Seit dieser Zeit hat sich der Börsenkurs um 74 Prozent auf 7,47 Euro minimiert.
Serviceware: -71 Prozent
Bei seinem Börsengang am 20. April 2018 hat Serviceware etwa 89 Mio. Euro eingenommen. Seither ist die Aktie des Softwareherstellers von 24 auf 7 Euro eingebrochen, was einem Minus von 71 Prozent entspricht.
Curevac: -64 Prozent
2020 wurde Curevac noch als Deutschlands Geheimwaffe im Kampf gegen die Corona-Pandemie betrachtet. Zwischenzeitlich hat der Impfstoff mit einer enttäuschenden Schutzwirkung gefloppt. Das gilt übrigens auch für den Aktienkurs. Nachdem der Wert am 14. August 2020 einen Ausgabepreis von 44 Dollar erzielte, ist er bis Ende Oktober 2022 auf 7,28 Dollar gesunken – ein Minus von 83 Prozent.
TeamViewer: -63 Prozent
Teamviewer entwickelt Software zur Fernsteuerung und Fernwartung von Computern. Beim Börsengang am 25. September 2019 konnten die Göppinger bei einem Ausgabepreis von 26 Euro stolze 2,2 Mrd. Euro einnehmen. Weniger Glück hatten indes die Aktionäre, denn zwischenzeitlich ist der Kurs um 63 Prozent auf 9,72 Euro abgestürzt.
Naga Group: -63 Prozent
Mit einem Bruttoerlös von 2,5 Mio. Euro gehört der Börsengang der Naga Group in die Fliegengewichtsklasse. Allerdings erfolgte der Gang an die Börse am 10. Juli 2017 keine zwei Jahre nach der Unternehmensgründung, was rekordverdächtig klingt. Allerdings ist das FinTech auch auf die Entwicklung von Trading-Plattformen spezialisiert. Man ist also vom Fach. Seit dem IPO fiel die Aktie von 3,60 auf 1,32 Euro; ein Minus von 63 Prozent.
Delivery Hero: +23 Prozent
Delivery Hero gelang im laufenden Jahr sogar der Sprung in den DAX. Bei seinem Börsengang am 30. Juni 2017 wurden stolze 789 Mio. Euro erzielt. Seither hat die Aktie um 23 Prozent auf 33,12 Euro zugelegt. Damit stellt der Essenslieferdienst den zweiten Start-up-Erfolg neben HelloFresh dar.
HelloFresh: +93 Prozent
Das bislang traurige Bild wird durch den Essenslieferanten HelloFresh deutlich aufgehellt. Das Berliner Unternehmen wurde zwar erst 2011 gegründet, konnte bei seinem Börsengang am 2. November 2017 aber 318 Mio. Euro einnehmen. Doch anders als bei den meisten der hier genannten Börsengänge machten nicht nur die Gründer Kasse, sondern auch die Aktionäre. Denn der Ausgabekurs von 10,60 Euro hat sich mittlerweile auf 20,41 Euro fast verdoppelt, ein Plus von 93 Prozent.
2. Was bei einem IPO berücksichtigt werden muss
Ein IPO ist ein aufwändiger und teurer Prozess, der durchschnittlich etwa ein Jahr dauert.
Rechtsform
Für den Börsengang kommen nur Gesellschaften in den Rechtsformen der Aktiengesellschaft (AG), der europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europea, SE) oder der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) in Frage. Falls es sich wie bei den meisten Start-ups um eine GmbH handelt, muss zuerst die Rechtsform geändert werden.
Börsenreife
Zunächst wird geprüft, ob das Unternehmen überhaupt reif für die Börse ist. Dazu gehört die Überprüfung der Unternehmensdaten, eine Branchen-, Produkt- und Wettbewerbsanalyse, eine Überprüfung des Börsenumfeldes (Hausse, Baisse), Unternehmensbewertungen nach unterschiedlichen Formen sowie eine Stärken-Schwächen-Analyse. Die Börsenreife wird mit einer Due-Diligence-Prüfung ermittelt.
Investmentbank
Es wird eine Investmentbank oder eine Investmentbankingboutique benötigt, die den Börsengang begleitet, die die Aktien bei Investoren platziert und oft auch einen Mindestausgabepreis garantiert. Für ihre Dienste erhalten Investmentbanken eine Gebühr, die sich am Emissionsvolumen bemisst.
Prospektpflicht
Das Unternehmen muss einen Börsenprospekt herausgeben, dessen Inhalte rechtlich bis ins Detail geregelt sind.
Investor Relations
Die Emission muss mit umfangreichen Kommunikationsmaßnahmen begleitet werden, um das Unternehmen bei Investoren bekannt zu machen. Dazu gehören Roadshows. Große Investoren wollen oft direkt mit dem Vorstand sprechen, dem bei ehemaligen Start-ups meist auch die Gründer angehören.
Bookbuilding bzw. Underwriting
Anschließend können größere Investoren ein Aktienpaket zu einem bestimmten Preis abnehmen, was als Underwriting bezeichnet wird. Üblicherweise wird von den begleitenden Investmentbanken eine Preisspanne verkündet, zu der dann der Börsengang erfolgt.
3. Fazit: Es muss nicht immer ein IPO sein
Von den zehn hier aufgelisteten Ex-Start-ups haben acht oft heftige Verluste erlitten und nur zwei erreichten eine zweistellige Performance.
Dies ist umso schwerwiegender als die Märkte in der gleichen Zeit nach kräftigem Auf und Ab etwa auf dem gleichen Niveau wie vor fünf Jahren notieren. Von Ende Oktober 2017 bis Ende Oktober 2022 hat der DAX tatsächlich marginal um 0,2 Prozent auf 13.254 Punkte zugelegt. Beim Nebenwerteindex SDAX ging es im gleichen Zeitraum um 6 Prozent auf 11.284 Punkte aufwärts.
Hätte man unterdessen jeweils 100 Euro in jeden der genannten Börsengänge investiert, wären aus 1000 Euro bis Ende Oktober 2022 traurige 498 Euro geworden, was einem Minus von 50,2 Prozent entspricht. Damit wäre die Performance deutlich schlechter als die des DAX und SDAX ausgefallen. Wer sich also mit seiner Investition in junge Unternehmen auf einen Extraprofit freute, wurde kräftig enttäuscht.
Angesichts der aktuellen Geldschwemme lassen sich gegenwärtig sogar große Finanzierungen außerbörslich stemmen, wie der Fall Celonis beweist. Das Münchner Top 50 Start-up schloss erst Anfang Juni 2021 eine Series-D-Finanzierung in Höhe 1 Mrd. Dollar ab, womit es auf einen Unternehmenswert von 11 Mrd. Dollar kommt. Damit ist Celonis das erste deutsche Dekacorn – also mit zehn Hörnern statt einem Horn.