Business Model Canvas: Geschäftsidee auf einem Blick

Vorlage für eine Business Model Canvas für Start-ups-Gründer mit praktischen Tipps erläutert.

Sie sieht ein wenig wie Wandzeitung im Kindergarten aus, aber hat es doch in sich: Die Business Model Canvas. Dabei handelt es sich um eine Art Tapete, die an die Wand gehängt wird und auf der neun Felder mit Post-Its beklebt werden, die das Geschäftsmodell eines Unternehmens beschreiben.

Unternehmenscoach Petra Owen von der Guerrilla Marketing Group in Berlin führt regelmäßig Seminare mit jungen Unternehmern zu dem Thema durch und schwört auf die Methode. „Die Business Model Canvas bietet eine klare Struktur auf einem Blick und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine Geschäftsidee erfolgreich ist“, sagt Owen.

1. Das Konzept von Alexander Osterwalder

Das Konzept wurde vom Schweizer Wirtschaftswissenschaftler Alexander Osterwalder ab 2004 entworfen. „Die Business Model Canvas ist wie eine Leinwand, auf der man malen kann. Sie können existierende Geschäftsmodelle beschreiben, Sie können neue Geschäftsmodelle beschreiben, Sie können Geschäftsmodelle überprüfen und schließlich können Sie sie auch nutzen, um neue Geschäftsmodelle zu erfinden“, erläutert Osterwalder. Doch wie sieht eine Business Model Canvas konkret aus?

2. Die neun Felder der Business Model Canvas

Die Canvas umfasst neun Felder, die sämtliche Schlüsselaspekte eines Geschäftsmodells wiedergeben.

  1. Value Proposition
  2. Customer Segments
  3. Customer Relationships
  4. Channels
  5. Revenue Streams
  6. Key Partners
  7. Key Activities
  8. Key Resources
  9. Cost Structure

 

#1. In der Mitte: Value Proposition

Nicht zufälligerweise bildet die Value Proposition das zentrale Feld der Business Model Canvas. Es handelt sich um die ebenso simple wie wichtige Frage, welchen Mehrwert die Geschäftsidee für den Kunden bietet. Üblicherweise muss ein virulentes Problem einer Kundengruppe ausgemacht werden, für das ein Start-up eine Lösung liefert und der Kunde dafür zu zahlen bereit ist.

#2. Customer Segments

Zunächst werden die verschiedenen Kundengruppen benannt, die für die Geschäftsidee infrage kommen. Handelt es sich um Geschäftskunden (B2B) oder Endverbraucher (B2C); um einen Massen- oder Nischenmarkt? Wenn ein (ehemaliges) Start-up wie N26 eine App für das bequeme Online-Banking mit dem Smartphone entwickelt, dann fällt die Kundengruppe sehr groß aus, schließlich braucht fast jeder erwachsene Mensch Standard-Bankprodukte. Wer hingegen Visualisierungslösungen für die Fernreparatur von Maschinen und Anlagen wie das Top 50 Start-up Oculavis anbietet, findet seine Kundschaft unter den Maschinen- und Anlagenbauern. Von denen gibt es hierzulande zwar einige, ein Massenmarkt ist dies aber nicht.

#3. Customer Relationships

Wie ist der Kundenkontakt geplant. Soll ein persönliches Verhältnis zu den Kunden aufgebaut werden? Sollen die Klienten von Vertriebsmitarbeitern und Kundenservice persönlich angesprochen werden oder nutzt man automatisierte Lösungen oder Self Service. Von den Kosten ist natürlich Letzteres sinnvoller. Durch die weitgehende Automatisierung steigen überdies die Skalierungsmöglichkeiten − also ein starkes Ertragswachstum mit unterproportionalem Anstieg der Kosten. Allerdings fehlt der persönliche Kontakt, was sich negativ auf die langfristige Kundenbindung auswirken kann.

#4. Channels

Damit sind die Marketing- und Vertriebskanäle gemeint. Wer wie der Schuhhändler Zalando ein Online-Vertrieb für den Endverbraucher aufbaut, der muss natürlich die umfassenden Instrumente des digitalen Marketings, Vertriebs und Kundenservice beherrschen. Dagegen bietet beispielsweise das Top 50 Start-ups rooom AG 3D-Räume für Events und Messen an. Dazu sind Vertriebsprofis erforderlich, die gute Kontakte zu Großunternehmen haben, die solche Lösungen nachfragen.

#5. Revenue Streams

Schließlich muss geklärt werden, wie Geld verdient wird. Handelt es sich um den Internetvertrieb von Schuhen, dann wird einfach eine bestimmte Marge auf den Einkaufspreis aufgeschlagen. Wenn hingegen ein Softwareanbieter seine Lösungen als „Software as a Service" (SaaS) anbietet, dann liegt ein Abonnementmodell mit kontinuierlichen und daher besser planbaren Ertragsströmen auf der Hand.

#6. Key Partners

Damit das Geschäft läuft, ist oft die Zusammenarbeit mit Partnern erforderlich. So benötigt ein Anbieter einer Banking-App über Partner den Zugriff auf Standardfinanzprodukte wie Girokonten, Kredite, Wertpapiere usf. Solche Produkte selbst herzustellen, dürfte angesichts des rechtlichen und administrativen Aufwands kein Start-up aus eigener Kraft stemmen.

#7. Key Activities

Welche Dinge müssen zwingend angegangen werden, um am Markt erfolgreich zu sein? Handelt es sich um die Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen, den Aufbau des Vertriebs oder Marketings oder steht erst einmal die Finanzierung im Zentrum? Hier kann eine Priorisierung weiterhelfen.

#8. Key Resources

Welche Ressourcen benötigt ein Start-up, um die Geschäftsidee umzusetzen? Braucht es besondere Räumlichkeiten wie Produktionshallen oder Labore und was kosten diese inklusive sämtlicher Nebenkosten? Welches Personal bedarf es unbedingt und was kostet das? Häufig sind erfolgskritische Fachkräfte wie Softwareentwickler kaum oder gar nicht verfügbar. Wie sieht es mit den immateriellen Ressourcen aus? Welche Softwarelizenzen, Patente und Markenrechte benötigt man und was kosten diese? Zuletzt läuft dies auf die Frage hinaus, wie viel Geld erforderlich ist.

#9. Cost Structure

Ohne eine genaue Analyse der zu erwartenden Kosten, stellt eine Unternehmensgründung ein wirtschaftliches Himmelfahrtskommando dar. Deswegen müssen die Personal- und Sachkosten genau ermittelt werden, inklusive der Kosten für Softwarelizenzen, Mieten und Beratungs- und Zulieferleistungen Dritter.

3. Vorlage für eine Business Model Canvas

Vorlage Business Model Canvas

4. Der praktische Umgang mit der „Tapete“

Owen empfiehlt tatsächlich die Vorlage der Business Model Canvas an die Wand zu hängen. Dazu müssen Gründer entweder ihre zeichnerischen Qualitäten beweisen oder aber unsere Vorlage im Copyshop auf DINA1 ausdrucken. Dann greift man sich einen Block Post-Its und beschreibt sie mit Stichworten und klebt sie anschließend auf die entsprechenden Felder der Business Model Canvas. Um alternative Modelle durchzuspielen, empfiehlt Owen einen zweiten Block Post-Its in einer anderen Farbe zur Hand zu haben. Allerdings gibt es auch Software-Lösungen zur Erstellung einer Business Model Canvas.

Petra Owen

Bei der Business Model Canvas handelt es sich um eine natürliche Form, das Gehirn noch einmal anzuregen. Sie beschleunigt die Entwicklung einer Geschäftsidee.

Petra Owen, Trainerin bei der Guerrilla Marketing Group

5. Die drei verbreitetsten Fehler

Die Theorie der Business Model Canvas ist schnell erklärt, doch welche Fehler begehen Start-up-Gründer in der Praxis? Nach langjähriger Seminarerfahrung nennt Owen einige Klassiker.

Keine Business Model Canvas zu benutzen

Viele Start-up-Gründer kommen aus dem technisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Dies mag ein Grund sein, wieso sich einige zu wenige Gedanken darüber machen, wie sich mit ihrer Idee tatsächlich Geld verdienen lässt. „Viele Gründer machen sich bei der Wirtschaftlichkeit ihrer Idee etwas vor", weiß Owen. Gerade für solche Gründer sei eine Business Model Canvas das optimale Mittel, um am kommerziellen Erfolg ihrer Idee zu arbeiten.

Zu viel auf ein Post-It zu schreiben

„Einer der verbreitetsten Fehler ist, viel zu viel auf ein Post-It zu schreiben. Manche schreiben fünf Zeilen darauf“, warnt Owen. „Es sollten aber maximal zwei Zeilen sein; Stichworte sind noch besser“, ergänzt Owen.

Zu lange Texte seien ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Geschäftsidee noch nicht gut genug durchdacht ist. „Wirrwarr im Kopf zeigt sich am Wirrwarr auf der Tapete. Die Schwachstellen werden schnell sichtbar.“

Zu schnell einen Businessplan auszuarbeiten

Nach Owens Erfahrung arbeiten Start-up-Gründer allzuhäufig einen vielleicht 30-seitigen Businessplan aus. In der Menge der Seiten drohen aber oft wichtige Aspekte unterzugehen. Mit einer vorherigen Business Model Canvas würden diese Fehler vermieden, da durch die überschaubare Darstellung Lücken und Umgereimtheiten viel deutlicher auffallen. „Eine Business Model Canvas sollte zwingend vor dem Businessplan erstellt werden“, empfiehlt Owen. Andernfalls bestehe die Gefahr, sein eigenes und das Geld der Investoren zu verbrennen.

6. Fazit: Ein Top-Instrument für Start-up-Gründer

Osterwalder hat das Konzept der Business Modell Canvas zur allgemeinen Analyse von Geschäftsmodellen erarbeitet: existierende, neue, branchenunabhängig, für Klein- und Großunternehmen. Doch für Start-up-Gründer ist sein Konzept in besonderer Weise geeignet. Denn bei vielen altbewehrten Geschäften − vom stationären Handel bis zur Eisdiele − liegen die Geschäftsmodelle auf der Hand. Nicht so bei den meisten Start-ups, die ja oftmals alte Marktstrukturen aufrollen wollen. Überdies haben viele Gründer zwar eine Idee für ein technisch neues, brilliantes Produkt, aber keine Ahnung wie sich damit Geld verdienen lässt. Hier schafft die Business Modell Canvas Abhilfe. Mit ihr lässt sich mit einfachen und geradezu spielerischen Mitteln an einer erfolgsversprechenden Geschäftsidee arbeiten.

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