Venture Debt – ungebrochene Attraktivität trotz Corona-Krise?

Gastbeitrag von Frank Henkel, Partner, Norton Rose Fulbright LLP, München

Nach Schätzungen der Silicon Valley Bank soll sich das Volumen des Venture Debt-Markts in der DACH-Region im Zeitraum zwischen 2015 und 2020 mehr als vervierfacht haben. Venture Debt wurde über die Jahre zu einem zunehmend wichtigen Baustein in der Finanzierung von Start-ups. Als Zwischenfinanzierung in der Interimsperiode zwischen zwei Eigenkapital-Finanzierungsrunden oder als bewusstes Instrument zur Vermeidung einer weiteren Verwässerung ihrer Beteiligungsquote greifen in Deutschland Gründer in den letzten Jahren verstärkt auf Venture Debt zurück, wenngleich die Verbreitung von Venture Debt in Europa und Deutschland noch weit hinter deren Marktdurchdringung in den USA zurück liegt.

Den auf Venture Debt spezialisierten Kreditgebern kam in den letzten Jahren das generelle Wachstum im Venture Capital-Bereich zu Gute. So fungiert das Engagement von renommierten Venture Capital Gebern in der Regel als „Türöffner“ und Grundlage für die Verfügbarkeit von Fremdkapitalprodukten in Form von Venture Debt.

Venture Debt
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1. Auswirkungen der Corona-Krise auf Venture Debt

Wie hat sich die Corona-Krise auf den Venture Debt-Markt in Deutschland und Europa ausgewirkt? Um diese Frage zu beantworten, ist ein Blick auf die wirtschaftlichen KPIs eines Start-Ups zu werfen, die üblicherweise als Voraussetzung für Venture Debt-Finanzierungen angesehen werden. Die frühen Entwicklungsphasen eines Start-ups sind auf der Finanzierungsseite klar vom Eigenkapital geprägt, das von den Gründern, Business Angels oder Venture Capital-Gebern zur Verfügung gestellt wird. So überrascht es nicht, dass in Seed- und Early Stage-Finanzierungsrunden kaum Fremdkapitalprodukte zum Einsatz kommen. Dies gilt sowohl für die klassische Bankfinanzierung als auch für Fremdkapitalprodukte in Form von Venture Debt.

Im Gegensatz zur klassischen Bankfinanzierung verlangen Venture Debt-Kapitalgeber in der Regel zwar keinen positiven Cashflow, kein positives EBITDA oder das Vorhandensein von signifikanten Sicherheiten, wohl aber wird auch ein gewisser Reifegrad des Unternehmens vorausgesetzt. Hierzu zählt etwa ein tragfähiges Geschäftsmodell, die Marktreife der Produkte und Dienstleistungen und idealerweise ein bereits eingetretenes oder prognostizierbares nachhaltiges und starkes Umsatzwachstum.

Frank Henkel, Norton Rose Fulbright

Die nochmalige Zunahme von Venture Debt-Finanzierungen in den letzten zwölf Monaten kann als eine direkte Auswirkung der Corona-Krise auf den Venture-Bereich angesehen werden.

Frank Henkel, Partner, Norton Rose Fulbright LLP, München

2. Corona führte zu erheblichen Umsatzeinbußen

Die Corona-Krise führte je nach Branche zu teilweise erheblichen Umsatzrückgängen bei etablierten Unternehmen und Start-ups. Dies galt besonders für die Zeit des ersten Lock-Downs im Frühjahr 2020. Umsatzrückgänge kombiniert mit der seinerzeit großen Unsicherheit hinsichtlich des ob und wie der Eindämmung der Pandemie und der Wiederbelebung des allgemeinen Wirtschafts- und Soziallebens zeigten sich zunächst auf dem Venture Capital-Markt. Gerade Early Stage-Finanzierungsrunden wurden teilweise verschoben und Investoren richteten vorrangig den Fokus auf die Absicherung bestehender Engagements anstatt neue Investments zu tätigen. In Ermangelung zusätzlichen Eigenkapitals wuchs die Nachfrage nach Fremdfinanzierungen. Da klassische Finanzierung durch Geschäftsbanken weiterhin meist verwehrt blieb, wandten sich Start-ups vermehrt Venture Debt-Finanzierungsgebern zu.

Hier zeigte sich teilweise ein Dilemma: Da Venture Debt in der Vergangenheit regelmäßig im Windschatten von Venture Capital zum Einsatz kam, führte das teilweise Ausbleiben von neuem Venture Capital zeitweise zu einer klassischen „Henne-Ei“ Problematik mit Blick auf Venture Debt-Finanzierungen. Die Folge: Mitunter deutlich längere Vergabeprozesse bei Venture Debt-Finanzierungen und ein verstärktes „Incentivierungsbedürfnis“ seitens der Venture Debt-Finanzierer als Gegenstück zu einer höheren Risikoaffinität. Letzteres zeigte sich etwa an dem verstärkten Einsatz von echten und virtuellen Equity Kickern sowie Umsatzbeteiligungen (sog. Venture Kicker) im Rahmen von Venture Debt-Finanzierungen.

3. Fazit: Trend zu Venture Debt dürfte weitergehen

Die Corona-Krise stellte auch die Venture Capital- und Venture Debt-Märkte vor Herausforderungen. Die nochmalige Zunahme von Venture Debt Finanzierungen in den letzten zwölf Monaten kann als eine direkte Auswirkung der Corona-Krise auf den Venture-Bereich angesehen werden. Ob der Trend künftig wieder mehr zu Venture Capital anstatt zu Venture Debt gehen wird, bleibt abzuwarten; Experten sehen dies als eher unwahrscheinlich an.

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