Die ersten Mitarbeiter einstellen

Die besten Recruitment-Tipps und die größten Recruitment-Fehler von Start-ups.

Schon kurz nach der Gründung kommen die meisten Start-ups nicht um das Recruitment ihrer ersten Mitarbeiter herum. So beschäftigen beispielsweise die Top 50 Start-ups des Jahrgangs 2020 bereits im Durchschnitt ein Dutzend Mitarbeiter. Während der späteren Skalierung muss in die Zahl der Beschäftigten meist sogar rasant hochgefahren werden. Doch wie heuern Gründer ihre ersten Angestellten an und worauf müssen sie dabei achten?

Recruitment
Das Fischen von Mitarbeitern fällt gar nicht so leicht. (Photo by Hennie Stander on Unsplash)

1. Erste Mitarbeiter stammen oft aus dem Umfeld

„Bei uns fand das erste Recruiting viel im Familien- und Freundeskreis statt“, berichtet Anna Yona, Gründerin und Geschäftsführerin von Wildling Shoes in Engelskirchen im Bergischen Land, einem Top 50 Start-up aus 2018. „Das hat gut funktioniert. Vertrauensbasis und Wertesystem stimmen, die Motivation und das Engagement sind sehr hoch.“

Einstellungen aus dem eigenen Netzwerk sind nicht nur die naheliegendste und günstigste, sondern oft auch der beste Weg, um gute Mitarbeiter zu finden. Qualität und Motivation der Leute ist besonders hoch und sie passen meistens auch ins Team, weil sich die Leute einfach bereits kennen.

Mittels eines Empfehlungssystems, Neudeutsch auch als „Referrals“ bekannt, lässt sich dieser Prozess institutionalisieren. So können Angestellte beispielsweise eine Geldprämie erhalten, sobald sie einen neuen Mitarbeiter werben, dieser den Arbeitsvertrag unterzeichnet und die Probezeit überstanden hat.

2. Ausschreibungen oder Personalvermittler

In der Frühphase von Start-ups werden oft Generalisten benötigt, was die Suche nach Personal im eigenen Umkreis erleichtert. Doch schon bald sind Spezialisten wie z.B. Android- oder Java-Entwickler erforderlich; dann gelangt das Empfehlungssystem rasch an seine Grenzen.

„Es kommt dann häufig eine spätere Phase, in der zielgerichteter rekrutiert wird und Menschen mit mehr Erfahrung und spezialisierteren Profilen ins Unternehmen kommen“, berichtet Yona. „Zu dem Zeitpunkt muss man schauen, dass man die Brücke zwischen ‚erster, zweiter, dritter Generation‘ an Mitarbeitenden stabil hält und die alte Belegschaft nicht (aus den Augen) verliert.“

3. Die Chemie im Team muss stimmen

Neben Qualifikationen und Kompetenzen spielen auch Persönlichkeit und die sogenannten „Soft Skills“ eine wichtige Rolle. „So oder so ist das Wichtigste immer der kulturelle Fit. Wer passt von der Persönlichkeit und den Werten her gut ins Team? Alles andere lässt sich lernen, ergänzen oder extern einkaufen“, kommentiert Yona.

Anna Yona

So oder so ist das Wichtigste immer der kulturelle Fit. Wer passt von der Persönlichkeit und den Werten her gut ins Team? Alles andere lässt sich lernen, ergänzen oder extern einkaufen.

Anna Yona, Gründerin von Wildling Shoes

4. Wie Start-ups Mitarbeiter locken

Bei Start-ups herrscht besonders in der Frühphase meist Ebbe in der Kasse und auch die Jobsicherheit lässt zu wünschen übrig. Schließlich übersteht etwa jedes dritte Start-up die ersten drei Jahre nicht. Dennoch gibt es gute Argumente, mit denen Gründer bei Kandidaten punkten können: Die Lernkurve ist meist steiler als bei etablierten Unternehmen und sie erleben den Aufbau der Prozesse und Strukturen mit. Wer früh dabei ist, kann gerade in einem Wachstumsunternehmen viel schneller aufsteigen als anderswo. Bei manchen Start-ups gibt es überdies  Beteiligungsprogramme, die sogenannten ESOPS (Employee Stock Ownership Programs). Wem das nicht genügt, der ist ohnehin bei einem Start-ups fehl am Platz.

5. Administration erst einmal auslagern

Neben dem Finden der richtigen Mitarbeiter haben manche Start-ups auch mit den administrativen Aspekten der Einstellungen zu kämpfen. So müssen junge Unternehmen erst einmal eine Betriebsnummer bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen und die Mitarbeiter müssen bei der Sozialversicherung angemeldet werden. Das Nichtzahlen von Sozialbeiträgen stellt in Deutschland übrigens eine Straftat dar. Weiter will auch die Lohnabrechnung organisiert sein. Die meisten Start-ups greifen dafür aber gerade in der Frühphase auf Dienstleister zurück, um sich den Aufbau einer kostspieligen Lohnbuchhaltung zu sparen.

6. Die drei klassischen Anfängerfehler im Hiring

Nach Erfahrungen von Personalberatern unterlaufen Start-ups bei den ersten Einstellungen regelmäßig die gleichen Anfängerfehler, die sich allerdings leicht vermeiden ließen.

Ungenügende Vorbereitung

Um das passende Personal zu finden, müssen sich die Gründer erst einmal darüber klar werden, wohin die Reise strategisch gehen soll, welche Herausforderungen dabei bewältigt werden müssen und welche exakten Profile gebraucht werden. Das muss genau definiert und schriftlich fixiert werden.

Diesen Aufwand scheut so manches Start-up und eine Stelle wird vorzeitig besetzt mit oft negativen langfristigen Konsequenzen. Die Zahl der Fehlbesetzungen  und die Mitarbeiterfluktuation steigen.

Viel versprochen, wenig gehalten

Um die Leute zur Unterschrift unter den Arbeitsvertrag zu animieren, nehmen Start-ups manchmal den Mund etwas voll und versprechen Kandidaten Dinge, die sie nicht halten können. Entsprechend hoch fällt die Ernüchterung bei den neuen Mitarbeitern aus; Absprünge sind die Folge.

Die Scheu vor der Diversität

Gleiches Studium, gleicher Lebenslauf und gleiche Persönlichkeit. Viele Gründer begehen den Fehler besonders gerne Mitarbeiter einzustellen, die ihnen ähneln. Doch oft sind besonders Teams erfolgreich, in denen sich Ausbildung, Kompetenzen und Persönlichkeit nicht wie ein Ei dem anderen gleichen, sondern sich komplementär ergänzen. Das ist die hohe Schule des Teambuildings.

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