Mission: Meere vom Plastikmüll befreien

Wie das Start-up Everwave „Impact“ mit Profit verbinden will

Das Aachener Start-up Everwave holt mit speziell ausgerüsteten Booten Plastikmüll aus den Flüssen der Welt und bremst somit den Eintrag von Kunststoffen in die Meere. Clemens Feigl, Geschäftsführer der Everwave GmbH, erklärt, wieso der Kampf gegen die Plastikmüllverschmutzung der Meere in den Flüssen beginnen muss und wie sich mit Umweltschutz auch noch Geld verdienen lässt.

Everwave
Auch in Serbien gibt es noch viel zu tun. (Foto: Everwave)

Südostasien statt Deutschland

Die Plastikmüllverschmutzung der Weltmeere gehört zu den Dauerbrennern in der hiesigen Medienlandschaft. Doch wenn es ums Herausfischen von Plastikmüll aus den Gewässern geht, steht Deutschland ganz weit hinten und das hat auch einen guten Grund.

„Das Boot Collect X kann bis zu 20 Tonnen Müll am Tag entfernen“, erzählt Feigl. „In Deutschland gibt es keine Gewässer, aus denen sich derart viel Müll entfernen lässt.“ Aus diesem Grund konzentriert sich Everwave auf Flüsse und Seen in Südostasien und Afrika, wo sich mit ähnlichem Aufwand wie in Deutschland deutlich mehr Müll aus den Gewässern herausholen lässt. Weiter fokussiert sich das Clean Tech-Start-up auf die Balkanländer. „Die Donau ist einer der verschmutztesten Flüsse in Europa“, kommentiert Feigl.

Technologie kommt aus Deutschland

Das Boot stammt von einem Spezialhersteller aus dem Emsland, der eigentlich Boote für die Gewässererhaltung wie zum Mähen der Flussufer herstellt. Auf der gleichen Basis beruht das Collect X-Boot, das Everwave verwendet. Dem Start-up obliegt dabei u. a. die Optimierung des Gerätes zur Säuberung der Gewässer von Plastikmüll. So soll künftig Künstliche Intelligenz die Steuerung verbessern. Darüber hinaus schließt Everwave mit den Partnern aus den Zielländern wie etwa deren Regierungen Verträge ab und betreibt die Boote.

Mit Clean Tech Geld verdienen

Um Geld zu verdienen, will Everwave sogenannte „Plastic Credits“ an Kunden verkaufen. Für einen Euro erwerben diese einen „Credit“, was gleichbedeutend mit der Entfernung von 1 Kilogramm Müll aus den Gewässern ist. Klingt nach weniger als es ist, denn eine Standard PET-Flasche beziffert Feigl auf 39 Gramm.

Der herausgefischte Müll wird dann in den jeweiligen Regionen fachgerecht entsorgt. Leider können nur etwa 20 Prozent dem Kunststoff-Recycling zugeführt werden. Der Rest wird z. B. als Brennstoff für die thermische Nutzung in Zementwerken verwendet, die ansonsten Kohle oder Erdgas verfeuern müssten.

Everwave
Neben Plastik befreit Everwave die Gewässer auch von anderem Müll. (Foto: Everwave)

Wer kauft „Plastic Credits“?

Doch wer zahlt für „Plastic Credits“? Laut Feigl handelt es sich dabei z. B. um Supermarktketten oder Hersteller medizinischer Produkte. „Die gehen beispielsweise davon aus, dass 1000 Tonnen ihres verwendeten Plastiks in den Meeren enden und beauftragen uns damit, diese 1000 Tonnen an anderer Stelle wieder herauszuholen“, sagt Feigl. In einigen Fällen wie in der Lebensmittelindustrie oder der Medizin ließen sich Kunststoffe kaum durch andere Materialien ersetzen. Eine zweite Kundengruppe stellen Unternehmen wie Softwarehersteller dar, die mit Plastikverschmutzung nichts zu tun haben, aber „Plastic Credits“ als Teil ihrer Corporate Social Responsibility erwerben.

Die Balance zwischen Impact und Kommerz

Everwave wurde ursprünglich 2016 als Verein gegründet. Laut Feigl erwiesen sich die Vereinsstrukturen nicht als das geeignete Vehikel, um Technologie und  Auslandsexpansion voranzubringen. Deshalb wurde zwei Jahre später die Everwave GmbH gegründet, deren Geschäftsführer Feigl ist.

Es sei allerdings sichergestellt, dass die Everwave Foundation, der ehemalige Verein, stets die Mehrheit an dem Unternehmen hält und dass etwaige Gewinne in die Gemeinnützigkeit fließen. Feigl verteidigt die Profitziele u. a. damit, dass ohne Gewinne kaum Investoren zu finden seien. „Das Lied in Deutschland lautet immer wieder: Impact ohne Wirtschaftlichkeit“, klagt Feigl. „Wir wollen zeigen, dass Impact und Wirtschaftlichkeit zusammengehen.“

So weit ist es aber noch nicht; noch sprudeln keine Gewinne. Feigl will nicht verraten, wie hoch die Umsätze 2021 ausfielen. Auch im Bundesanzeiger finden sich noch keine Jahresabschlüsse. Im laufenden Jahr strebt Everwave allerdings eine Vervierfachung der Erträge auf eine dann „niedrige siebenstellige Zahl“ an.

Clemens Feigl
Motivation kein Problem

Das Besondere bei uns ist, dass unser Produkt, die ‚Plastic Credits‘, die Motivation sind. Bei uns sind Impact und Produkt so eng aneinandergekoppelt, dass die Motivation einfach wird. Wir wissen alle, wofür wir den Job machen.

Clemens Feigl, Geschäftsführer der Everwave GmbH

Wie es weitergehen soll

Das erste Boot ging vor anderthalb Jahren an den Start, 2021 folgte ein zweites und im laufenden Jahr ein drittes. Jedes der Boote kostet rund 200.000 Euro.

Nachdem im laufenden Jahr bereits sechs Stellen geschaffen worden sind, zählt Everwave 17 Mitarbeiter. Bis Jahresende sollen noch einmal vier bis fünf Beschäftigte hinzukommen. Außerdem hat Everwave einige Mitarbeiter in den Zielländern wie etwa Kambodscha angeheuert.

Angesichts eines jährlichen Plastikmülleintrags in die Meere von geschätzten 11 Mio. Tonnen, fallen die Wachstumsperspektiven glänzend aus. Feigel sagt: „In fünf Jahren wollen wir einer der größten Plastic Credit-Anbieter / Kompensatoren sein.“

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