Effizienter Elektro-Antrieb aus der Ottostadt

Das Magdeburger Startup SMELA („smart electric actuators“) entwickelt Antriebskomponenten für automatisierte, lineare Vorgänge. Dabei wandeln diese Energie in Bewegung um.

In der Industrie setzt man als Energieträger für diese sogenannten Aktuatoren häufig auf Druckluft. Die Nachteile – hohe Energieverluste und eine komplexe Infrastruktur – umgeht SMELAs Entwicklung durch einen innovativen elektrischen Antrieb. Im Gespräch mit CEO Benjamin Horn über die Zukunft ihres Produktes, den Umgang mit Erfolg und wichtige Unterstützer auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit.

Warum sind eure Aktuatoren besser als das, was derzeit an elektromechanischen Alternativen auf dem Markt ist?

Wir haben die elektrischen und mechanischen Komponenten so kompakt ineinander verbaut, dass die bisherigen elektromechanischen Antriebe die Größe unserer Aktuatoren um das Fünf- bis Siebenfache übersteigen. Ihre Größe machte es bisher so schwierig, sie gegenüber den pneumatischen Formen zu ersetzen. Außerdem werden, um Verschleiß zu vermeiden, häufig Komponenten verwendet, die nicht nur groß, sondern auch sehr teuer sind. Durch die von uns genutzten Hochleistungskunststoffe wird die Mechanik um den Faktor 10 günstiger. Für die Instandhaltung haben wir zudem eine Sensorik integriert, um eine Überwachung des Verschleißes zu ermöglichen. Wir bieten in diesem Zusammenhang einen Refurbishment-Service nach Bedarf an. Der Verschleiß kann so genau überprüft werden und dann durch elektronische Schnittstellen vermitteln, wann ein Aktuator ausgewechselt werden muss.

Hat euer Produkt durch seine Vorzüge das Potenzial, die Druckluft-Aktuatoren zu vertreiben?

Unsere Aktuatoren haben einen geringen Energiebedarf. So bieten sie sich z. B. für automatisierte Roboter an, weil sie, statt riesige Schläuche hinter sich herzuziehen, mit einem Akku betrieben werden können. Ich kann mir also vorstellen, dass unsere Technologie Druckluft-Aktuatoren irgendwann ablöst. Wahrscheinlich nicht in allen Bereichen – denn jede Technologie hat auch ihre spezifischen Vorzüge. Doch gerade im Fertigungsbereich kann ein großer Anteil an CO2 eingespart werden – und mit unseren Aktuatoren lässt sich der Energiebedarf gegenüber pneumatischen Modellen um mehr als 75 Prozent reduzieren.

Stehen die potenziellen Kunden also Schlange?

Ich glaube tatsächlich, man würde sich verbrennen, den Markt direkt nach Eintritt in großer Form zu penetrieren. Denn sobald es in der Anfangsphase zwei- oder dreimal schiefgeht, steigt der Druck, und Kunden müssen womöglich auf Alternativen zurückgreifen. Klar, in dieser Phase ist das Scheitern normal, so ein Produkt entwickelt sich schließlich erst nach und nach. Es gibt einige experimentierfreudige Unternehmen, so wie unser Pilotkunde, die bereit sind, bei der Entwicklung zu unterstützen. Aber aus diesem Grund sollte man genau überlegen, mit welchen Kunden man gleich am Anfang zusammenarbeitet und welche man erst im sicheren Hafen für sich zu gewinnen versucht. Wir haben uns in den vergangenen Jahren ein Netzwerk aufgebaut. Wir wissen, welche Unternehmen Interesse haben. Momentan sind wir dabei, diese Kontakte wieder zu intensivieren, Bedingungen abzuklären und sie mit Mustern auszustatten. Bei den meisten Maschinen muss erst ein Testlauf zeigen, wie sich unsere Aktuatoren integrieren lassen. Wir bieten an, diese Testläufe durchzuführen, sodass wir zum Schluss ein bereits einsatzbereites Produkt liefern können.

Würdest du eure Gründung damit als erfolgreichen Start in die Selbstständigkeit bezeichnen?

Verglichen mit dem, womit wir vor drei Jahren gestartet sind – ich war damals wissenschaftlicher Mitarbeiter und meine jetzigen Mitgründer Denis Draganov und Oleksandr Tyshakin haben gefragt, ob ich an dem Projekt mitarbeiten möchte – und dem, wo wir jetzt stehen: Das lässt sich schon als Erfolg deklarieren. Aber das wäre ohne viele Unterstützer nicht möglich gewesen. Dazu gehört zum Beispiel der Investforum Startup-Service aus Halle, das Transfer- und Gründerzentrum der Universität in Magdeburg oder auch der TechnologieContor um Dr. Merle Fuchs aus Gera.

In welchen Fragen konnten sie euch besonders voranbringen?

Das ging schon mit der Idee los, als wir Anwendungsfälle gesucht haben, sowie der Frage, wie man mit potenziellen Pilotkunden umgeht. Und natürlich, welche Förderungen wir in Anspruch nehmen können. Als erstes haben wir uns über das EXIST-Gründerstipendium finanziert, dann über das ego.-Start Gründerstipendium, was vom Land Sachsen-Anhalt angeboten wird. Wenn ich diese Förderungen zusammenzähle, dann ist das schon eine große finanzielle Unterstützung. Die anfängliche Finanzierung über einen Investor wäre wahrscheinlich sehr schwer geworden.

Durch den Investforum Startup-Service wurden wir dann konkret an Investoren herangeführt, zum Beispiel über den Investforum Pitch-Day, was auch für die ersten Kontakte in die Industrie hilfreich war. Auf dem Pitch-Day haben wir unseren ersten Pilotkunden und unseren Business Angel kennengelernt. Für die Geldbeschaffung war der Startup-Service somit die treibende Kraft.

Ich glaube, man würde sich verbrennen, den Markt direkt nach Eintritt in großer Form zu penetrieren. Denn sobald es in der Anfangsphase zwei- oder dreimal schiefgeht, steigt der Druck, und Kunden müssen womöglich auf Alternativen zurückgreifen. 

Benjamin Horn, CEO SMELA (Top 50 Start-up 2020)

Der Pitch-Day ist ein gutes Stichwort. Ihr habt euch in der Gründungsphase an vielen Wettbewerben beteiligt und auch Preise gewonnen.

Das stimmt. Als wir den Businessplan ausgearbeitet haben, haben wir parallel zum Beispiel den 1. Platz der Konzeptphase bei Science4Life und den 2. Platz bei start2grow belegt. Etwas später haben wir an Innovationswettbewerben teilgenommen, zum Beispiel dem IQ Innovationspreis. Da haben wir für die Region Magdeburg gewonnen. Beim Hugo-Junkers-Preis haben wir einen Preis in der Sonderkategorie für innovative Projekte aus dem Bereich Mobilität und Logistik bekommen.

TIPP

GründerInnen können mit ihrem Start-up bei zahlreichen bundesweiten und regionalen Wettbewerben antreten.

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Was bedeuten diese Auszeichnungen für dich?

Durch die Wettbewerbe lässt sich einiges lernen, man erhält wertvolles Feedback durch Branchenexperten und nimmt sich Aufgaben und gewisser Spielregeln an, die auch später noch zum Gelingen des Startups beitragen. Die Auszeichnung ist natürlich Bestätigung. Einer der Juroren hat zum Beispiel gesagt, es würde ihn wundern, „wenn diese Kuh nicht fliegen würde“. Solche Kommentare zeigen mir nach so viel Arbeit in den vergangenen drei Jahren: „Wir sind auf einem guten Weg.“

Denkst du also, Magdeburg profitiert von euch als Startup?

Ich möchte mich noch nicht so weit aus dem Fenster zu lehnen, da es im Moment durch die Förderung eher umgekehrt ist. Höhenflüge sind in unserer Situation sicherlich nicht abwegig. Trotzdem denken wir unser Vorankommen immer Stück für Stück, damit Magdeburg tatsächlich irgendwann von uns profitieren wird. In gewisser Weise haben wir durch die Preise sicherlich Magdeburg und Sachsen-Anhalt als Gründungsstandort bekannter gemacht. Im Erfolgsfall möchten wir natürlich Arbeitsplätze schaffen und ich würde mich als Magdeburger freuen, etwas an die Region zurückzugeben.

Fotos Produkt: Chris Rößler, TUGZ Magdeburg

Fotos Team: Investforum Startup-Service @univations

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